Die Erweiterung des Spektrums der Dysgraphie: Eine datengestützte Strategie zur Einschätzung der Handschriftqualität
Thibault Asselborn, Mateo Chapatte & Pierre Dillenbourg
In diesem Artikel schlagen wir neue Wege zur Bewertung der Handschrift vor, einer entscheidenden Fähigkeit auf dem schulischen Weg eines jeden Kindes. In französischsprachigen Ländern wird traditionell ein Stift- und Papiertest namens BHK-Test (Concise Evaluation Scale for Children's Handwriting) zur Beurteilung der Handschrift von Kindern verwendet. Jedes Kind, dessen BHK-Punktzahl über einem bestimmten Schwellenwert liegt, wird als "dysgraphisch" diagnostiziert, was bedeutet, dass es daraufhin Anspruch auf finanzielle Unterstützung für therapeutische Maßnahmen hat. Wir haben in der Vergangenheit eine Version des BHK-Tests für Tablets entwickelt, welcher umfangreiche Daten über die Dynamik des Schreibens (Beschleunigung, Druck usw.) liefert. Das zugrunde liegende Modell wurde an dysgraphischen und nicht-dysgraphischen Kindern erprobt. In diesem Beitrag weichen wir aus drei Gründen vom ursprünglichen BHK ab.
Erstens sind wir in diesem Fall nicht an einem binären Ergebnis interessiert, sondern an einer Skala von Handschriftschwierigkeiten, von den leichtesten bis zu den schwersten Fällen. Wir möchten damit berechnen, wie weit die Punktzahl eines Kindes von der durchschnittlichen Punktzahl von Kindern desselben Alters und Geschlechts entfernt ist.
Zweitens analysiert unser Modell dynamische Merkmale, die auf Papier nicht zugänglich sind; in diesem Fall ist der BHK-Test nützlich. Mit Hilfe der PCA (Principal Component Analysis) wurde die Menge der 53 Handschriftmerkmale auf drei Dimensionen reduziert, die von der BHK unabhängig sind. Darüber hinaus haben wir herausgefunden, dass wir dysgraphische Kinder genau erkennen können, wenn wir unseren Datensatz entlang einer dieser drei Achsen clustern.
Drittens ist Dysgraphie ein übergreifendes Konzept, das eine Vielzahl von Handschriftproblemen umfasst. Zwei Kinder mit demselben Gesamtwert können völlig unterschiedliche Arten von Handschriftproblemen aufweisen. So kann ein Kind beispielsweise einen ungleichmäßigen Stiftdruck ausüben, während ein anderes Schwierigkeiten hat, seine Schreibgeschwindigkeit zu kontrollieren.
Unser neuer Test liefert nicht nur einen Gesamtwert, sondern umfasst auch vier spezifische Werte für Kinematik, Druck, Stiftneigung und statische Merkmale (Buchstabenform). Das Ersetzen eines globalen Ergebnisses durch ein detaillierteres Profil ermöglicht die Auswahl von Förderspielen, die sehr spezifisch auf das jeweilige Kind angewendet werden können.